Verständlicherweise haben Produzenten und Tankstellenbetreiber kein Interesse daran, das Produkt in einem schlechten Licht darzustellen. Derzeit handelt es sich nun mal um ein fast alternativloses Produkt, um die Euro 4-6 Kriterien einhalten und erreichen zu können.
Chemische Reaktionen mit AdBlue
Bei der Abgasnachbehandlung wird AdBlue erhitzt. Aus dem Harnstoff entsteht bei Erhitzung hauptsächlich giftiges Ammoniak. Daneben bilden sich als Abfallprodukte CO2 und HNCO (Isocyansäure), die nicht der Gefahrenverordnung unterliegen. Dass dabei aber auch toxisches Biuret anfällt, wird in so mancher Fahrzeugstudie verschwiegen. Erst im zweiten chemischen Schritt wird für die Reduktion der Stickoxide das Ammoniak benötigt. Durch Luftzufuhr entsteht aus Ammoniak, Stickoxiden und Sauerstoff ein Stickstoff-Wassergemisch. Immer wieder hört man von kristallinen Ablagerungen am Fahrzeug. Diese entstehen bei Verbrennung unter 180°C und beinhalten Ammoniumnitrat. Hierbei handelt es sich im Übrigen um einen gut brennbaren Stoff, der Hauptbestandteil der Oppauer Düngemittelexplosion im Jahr 1921 war.
Auch die Nachteile von AdBlue beachten
So mancher Leser mag den Eindruck gewinnen, AdBlue solle im vorliegenden Artikel verteufelt werden. Dem ist nicht so, zumal die Vorteile (Kraftstoffersparnis und Stickoxidreduktion) hinreichend bekannt sind. Dennoch müssen auch die negativen Effekte einmal ausreichend beleuchtet werden. So ist das komplizierte technische System beispielsweise Wartungs- und Reparaturanfällig. Da die Lohnuhr weiter läuft, nimmt die Betankung darüber hinaus zusätzliche Arbeitszeit in Anspruch. Seit 2009 wird zwar europaweit zunehmend mit AdBlue (2012 voraussichtlich 3,5 Mio. Tonnen) getankt, doch ist der daraus entstehende Kosteneffekt noch nicht bis zum Statistischen Bundesamt vorgedrungen. Vielmehr verweist man hier auf das chemische Produkt »Wasserhaltige Harnstofflösung«. Diese Lösung wird beispielsweise in Kraftwerken zur Rauchwäsche eingesetzt. Wen mag es wundern, dass das Preisniveau für den chemischen Spezialstoff seit 2005 um 72 Prozent gestiegen ist? In Deutschland kosten ein Bulk-Container (1000 Liter) 27 Cent pro Liter und 100 Liter Lose Ware 25 Cent pro Liter. Das entspricht bei einem AdBlue Verbrauch von 1,7 Liter pro 100 Kilometer immerhin etwa 0,5 Cent pro Kilometer.
Deshalb unser Rat: Kalkulieren Sie die entstehende Kostenerhöhung mit ein und fordern eine entsprechende Vergütungserhöhung vom Auftraggeber. Bei 1 Mio. Kilometer geht es demnach für das Produkt AdBlue und weitere Tätigkeiten um 7-9 Tsd. €! Kümmern Sie sich außerdem um die korrekte Wartung Ihrer SCR-Katalysatoren*. Überprüfen Sie zudem regelmäßig die in der Nähe des Katalysators angeordneten Leitungen und das flexible Auspuffsrohr auf Ablagerungen. Bei fehlerhafter Einstellung des SCR-Kat´s kann es zur Ansammlung von Ammoniak, zu salzhaltigen Ablagerungen an Rohren und Schläuchen und der eingeschränkten Funktion der Abgasnachbehandlung kommen. Gerade im Sommer kann sich bei Erhitzung über 40°C sogenannter »schneller Ammoniak« im Tank bilden. Weisen Sie Ihre Fahrer schriftlich auf die Gefahren von AdBlue hin und lassen sich die Kenntnisnahme unterzeichnen.
* Der SCR-Katalysator steht für »Selektive katalytische Reduktion«. Mit Hilfe des im Fahrzeug aus AdBlue gebildeten Ammoniaks werden in einer chemischen Reaktion Stickoxide zu Wasserdampf und Stickstoff umgewandelt.