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Insolvenzgefahr - nicht dumm sein!

Das Foto zeigt einen Diesel-Store in New York, der seine Kunden dazu auffordert, »stupid« zu sein. (Foto: Martin Wendlandt)

Das Foto zeigt einen Diesel-Store in New York, der seine Kunden dazu auffordert, »stupid« zu sein. (Foto: Martin Wendlandt)

06.08.2020


Alle Welt spricht davon, dass Busunternehmen vom Lockdown und danach auch durch die Zurückhaltung bei der Benutzung von Omnibussen stark gefährdet sind. Das Schlimmste was einem Unternehmen passieren kann, ist der Wegfall des Umsatzes. Genau das trifft die Busbranche in vollem Umfang oder teilweise.


Der Umsatz fällt weg bei den Unternehmen, die bislang Reisegruppen im sogenannten Mietbusverkehr befördert haben. Wenn Vereine, Schulen, Institute und Unternehmen keine Aufträge mehr vergeben, stehen die Busse. Etwas Umsatz können Busreiseveranstalter machen, wenn sie an die Hygieneregeln angepasste Reiseangebote verkaufen können. Dies setzt einen entsprechend großen Markt voraus: Konkret soll das heißen, dass dort spezielle Reisen verkauft werden können, wo es genügend Menschen gibt, die für diese speziellen Reisen offen sind. In Großstädten sind Interessenten eher zu finden, als auf dem sprichwörtlichen flachen Land. Umsätze wie vor Corona werden im zweiten Halbjahr in der Bustouristik nicht annähernd zu erzielen sein. Für die gesamte Touristikbranche geht man von einem um zwei Drittel reduzierten Umsatz im Vergleich zu 2019 aus.

Umsatzausfälle treffen auch Linienkonzessionäre, weil weniger Menschen den ÖPNV nutzen. In der Presse liest man, dass die Fahrgastzahl wieder anzieht, dass aber noch immer mehr als ein Drittel der Fahrgäste auch im Linienverkehr fehlt.

Gott sei Dank gibt es verschiedene öffentliche Gelder, die auch für Busunternehmen als Subvention oder als Kredit die größte Not lindern helfen sollen. Leider bekommen nicht alle Unternehmen mit Umsatzausfällen eine finanzielle Unterstützung. Bei anderen sind die ausgehandelten Unterstützungen zwar willkommen aber nicht annähernd ausreichend. Deshalb kann und muss der Unternehmer ausrechnen, was ihm bis jetzt, was bis zum Jahresende und was voraussichtlich im nächsten Jahr fehlen wird.

Dieser Berechnung stehen die bisher gesparten Kosten und die voraussichtlich bis zum Jahresende erreichbaren Einsparungen gegenüber. Wie wird das Jahresergebnis für 2020 aussehen? Besteht die Gefahr, dass ein großer Verlust herauskommt?

Bis hierhin haben wir nur über Umsatz und Kosten, also den Bereich der G+V im Jahresabschluss, geschrieben. In der Bilanz, dem ersten Teil jedes Jahresabschlusses, sind das Vermögen und das Kapital gegenübergestellt. Das Vermögen besteht aus dem Anlagevermögen, der Substanz, und dem Umlaufvermögen, wie die Lagervorräte, die Forderungen und die hoffentlich vorhandenen liquiden Mittel, die positiven Kontostände. Die Kapitalseite der Bilanz sagt aus, wie das Vermögen finanziert ist oder wer das Kapital zur Verfügung stellt. Es gibt wenige private Busunternehmen, die nur mit Eigenkapital arbeiten, keinen Kredit von der Bank haben. Die große Mehrzahl der Unternehmen nimmt überwiegend, teils sogar ausschließlich Kredit in Anspruch.

Kredite werden in der Regel getilgt, zumindest müssen die Zinsen bezahlt werden. Die Frage ist deshalb, ob das Unternehmen in der Lage ist, die Tilgungen zu erwirtschaften und zu leisten. Gelingt das nicht, verhandelt man mit der Bank über eine Tilgungsaussetzung oder Tilgungsstreckung. Über diese oft unangenehme Situation haben wir bereits geschrieben. Die Bank wird bei diesem Anliegen regelmäßig fragen, ob denn genügend Substanz oder Sicherheiten vorhanden sind, um die Raten auszusetzen, zu stunden. In der jetzigen Marktsituation ist der Gebrauchtbusmarkt mehr als schlecht. Viele Busse, insbesondere Reisebusse, sind fast nicht verkäuflich. Wir möchten daran erinnern, dass die riesige Wohnungsbaugesellschaft »Neue Heimat« damals für eine Mark verkauft wurde, weil es keinen Käufer gab, der die Hunderte Millionen DM aufbringen wollte oder konnte. Der beste Bus ist nur mit unverschämten Abschlägen zu verkaufen. Die Substanz des Anlagevermögens ist zumindest derzeit stark reduziert. Das wird sich bessern, wenn der Reiseverkehr im nächsten Jahr wieder deutlich anziehen wird, wieder Reisebusse gebraucht werden. Bis dahin sollte die Bank halbwegs stillhalten.

Ein wichtiger Grundsatz zur Führung eines Unternehmens ist, dass Liquidität vor Rentabilität geht. Kann das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nur kurzfristig nicht nachkommen, ist es zahlungsunfähig. Der Unternehmen muss diese Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht anmelden, ein Insolvenzverfahren einleiten. Das ist der bitterste Schritt im Leben eines Unternehmers. Deshalb ist die Liquiditätsplanung für den Rest des Jahres oder auch für den Beginn des kommenden Jahres äußerst dringend und wichtig!! Allerdings ist die Sicherung der Liquidität nur die eine Seite der Medaille. Insbesondere private Unternehmer ohne qualifizierte Berater stecken ihr Privatvermögen und manchmal auch das von Verwandten und Bekannten in das Unternehmen, obwohl das Unternehmen nicht mehr lebensfähig ist. Dann werden andere mit in den Abwärtsstrudel gezogen.

Es stellt sich nämlich die Frage, ob auf absehbare Zeit das Geschäftsmodell wieder rentabel sein kann und wird. Wenn nämlich im kommenden Jahr z.B. viele der bisherigen Buskunden nicht mehr mit dem Bus verreisen, der Umsatz nicht so anzieht, um die Kosten zu decken und auch die Kredite zu bedienen, dann ist die Lage nahezu aussichtslos. Problematisch kann es auch im Linienverkehr bleiben, wenn die Fahrgäste ausbleiben und die Linien deshalb unrentabel sind.

Dass es zu einer Marktbereinigung im Reiseverkehr und teilweise auch im Linienverkehr kommen wird, muss leider erwartet werden. Reduziert sich die Zahl der Busse im Gelegenheitsverkehr und die Nachfrage nach Gruppenreisen und auch die Nachfrage nach Busreisen zieht wieder an, könnten sich Chancen für diejenigen ergeben, die die Krise überlebt haben. 

Spätesten wenn die Liquidität sehr eng ist, Kredite nicht getilgt werden können, der Umsatz nicht anzieht und keine weiteren Kosten reduziert werden können,  und selbst qualifizierte und erfahrene Berater keinen Ausweg aus der Krise sehen, muss mit Steuerberater und Rechtsanwalt ein Weg für eine geordnete Insolvenz gefunden und beschritten werden. »Augen zu und durch« kann alles Vermögen, auch das Privatvermögen, vernichten. Das ist alles sehr bitter. Darum gilt der Rat, nicht dumm zu sein.